Arminia ultras

Die Fanszene des DSC Arminia und der Werdegang der "BOYS Bielefeld"

1970 - 1990:
In den späten 1960er Jahren machten die "Arminias Alm Buben" den Anfang (der Sohn eines der Gründer dieses Fanklubs ist übrigens bei uns Mitglied).

Sie waren jedoch weniger auf Konfrontationen aus, als einige der späteren Gruppen. In der darauffolgenden Zeit, etwa um die ersten Bundesliga-Jahre unseres Deutschen Sport-Clubs, entstanden die Fanklubs "Oelde" (1972), "Lippeland" (1973), "Die Blauen von der Alm" (1978), "Rhein/Ruhr", "Anhängerclub Rheine" (1980) und der "Fan-Club Arminia Bielefeld" (1974), der mehr oder weniger als erste übergeordnete Organisation fungierte.

Viele Mitglieder dieser Zusammenschlüsse sind noch heute auf der Alm anzutreffen. Der "Fan-Club Arminia Bielefeld" zählte bis zu 500 Mitglieder, verlor aber im Laufe der Zeit an Bedeutung. Doch auch weniger fest organisierte Fans aus der Gegend um Löhne, Bad Oeynhausen und Minden reisten teilweise mit über 300 Personen geschlossen mit dem Zug zu den Heimspielen an.

Laut Aussagen der Beteiligten waren diese Fahrten oft aufregender als so manche Auswärtsfahrt heutzutage. Es gab zwar auch einen "Fan-Club Minden-Oeynhausen-Löhne", dessen Mitglieder wechselten aber recht schnell zu anderen Gruppierungen.

Gegen Ende der 1970er Jahre traten Gruppen in den Vordergrund, die der Gewalt nicht abgeneigt waren - als erste tauchten die "Alm Adler" auf der Alm auf.

1982 wurde die "Blue Army" ins Leben gerufen, die sich mit zeitweise bis zu 30 Mitgliedern und einem dreistelligen Umfeld als "Ostwestfalenterror" einen Namen in Hooligankreisen machte und sich letztendlich auch im internen "Machtkampf" gegen die "Alm Adler" durchsetzte bzw.

im Nachhinein sogar von Überläufern profitierte, die von den Adlern zum OWT wechselten. Nachdem der Nachwuchs in den besten Zeiten (1984-86) nach Hause geschickt wurde, verlor die Fanszene nach dem sportlichen Niedergang im Jahr 1987 einen Großteil ihrer Anhänger. Für die folgenden Jahre in der Oberliga Westfalen drohte somit ein Zusammenbruch der Szene, doch das Gegenteil trat ein: Plötzlich kamen in der damals dritthöchsten Spielklasse nicht nur "Neue" hinzu, sondern auch die "Alten" tauchten wieder auf, und Arminias Auswärtsspiele bescherten den gastgebenden Dorfvereinen nicht nur beachtliche Zuschauereinnahmen, sondern oft auch größere Polizeieinsätze und Chaos.

Das Geschehen beruhigte sich zwar mit der Zeit in der Oberliga, aber bei "Topspielen" in Münster, Herne, Gelsenkirchen, Paderborn oder Gütersloh strömten riesige Mengen an Gästefans in die fremden Stadien – darunter nicht wenige gewaltbereite.

Unsere Szene pflegte auch Freundschaften zu Anhängern verschiedener Vereine.

In den 1970er Jahren entstanden Kontakte zu den „Berliner Hertha Fröschen“ und nach Frankfurt, zum HSV Fanclub „Rothosen“, zum FC Bayern Fanclub "Südkurve 73" (entstanden durch Fanclubturniere in den Jahren 1978-80). Eine Freundschaft zwischen dem "Anhängerclub Rheine“ und den KSC Fan-Clubs „Champions“ und "No.

Nine" bestand in den 80ern und die „Norddeutsche Allianz“ bestand aus den „HH-Ultras“, den Hannoveraner Hools ("Krawallerie Hannover“) und den Bielefeldern. Allerdings war in Reihen der Hools zunächst eine ganz andere Konstellation von Bedeutung, denn zuvor war man mit den „Alten Kameraden Braunschweig“ (ab Anfang der 80er - seit Aufkommen der ersten Stadionverbote fuhren Bielefelder dann vermehrt nach Braunschweig) und einigen Mannheimern ("The Firm") verbunden.

Deshalb kam es häufig zu Auseinandersetzungen mit Hannoveranern - genauer gesagt, man war mit dem BTSV und dem Waldhof verbündet, weil man eine tiefe Abneigung gegen Hannover teilte. Genauso verhielt es sich zunächst mit dem Verhältnis zu Hamburg, mit denen man sich "so manche Schlacht" (z.B.

1985) lieferte, bevor u.a. durch gemeinsame Gerichtsverhandlungen Kontakte entstanden, die Ende der 80er schließlich in der Achse Hamburg-Bielefeld-Braunschweig mündeten. Nachdem sich Braunschweig mit Magdeburg zusammengetan hatte (die zuvor mit Hannover befreundet waren), orientierte sich Hannover nach Hamburg, und da zwei Bielefelder gute (private) Beziehungen nach Hannover pflegten, entwickelte sich im Sommer 1992 die Allianz – trotz der traditionellen Feindschaft zu den Niedersachsen.

Übrigens stellten Bielefelder Fußballfreunde in den 80er und Anfang der 90er Jahre meist die größte Gruppe bei Auslandsländerspielen, was auf den sportlichen Misserfolg und die zahlreichen Stadionverbote zurückzuführen war.

1990 - 2005:
Kommen wir nun zu dem Teil der Geschichte, an dem wir aktiv mitwirken durften.

Im Jahr 1990 wurde im ostwestfälischen Bünde ein Arminia Fanklub namens "Black Pirates" gegründet. Auf dem Papier fanden sich 16 Mitglieder zusammen, doch weder gemeinsame Aktionen noch ein effektives Auftreten nach außen wurden umgesetzt. Lediglich ein Zaunbanner gab es ab dem dritten Jahr, das dann auch bei (fast) allen Oberligaspielen hing.

Unsere Fanszene präsentierte sich Anfang der 90er Jahre noch recht traditionell: Es gab eine klare Trennung zwischen Kutten- bzw.

Trikotträgern, Hools und Tribünenbesuchern. In der Oberliga Westfalen variierten nicht nur die Zuschauerzahlen bei Heimspielen: Während bei Spitzenspielen gegen Münster oder Paderborn bis zu 18.000 Besucher zur "Alm" pilgerten, erinnern wir uns auch an 800 Arminen gegen die Amateure von Schalke 04. Auswärts bot sich ein ähnliches Bild, obwohl der harte Kern der "Allesfahrer" nicht gerade klein war und hauptsächlich aus gewaltbereiten Personen bestand, die im Gegensatz zu manch anderen Szenen sehr vereinstreu und fußballinteressiert waren und sind.

Auch die Stimmung ging oft, zumindest auswärts, von den Hools aus, während sich zu Hause Block 5 darum kümmerte, dass unsere Mannschaft auch wirklich ein Heimspiel hatte. Traditionell befand sich der Fanblock in den Blöcken 3 und 4 hinter dem Tor. Nach dem Abstieg in die Oberliga wechselten alle Fans, bis auf die Hools, die auf Block 4 blieben, auf die überdachte Gegengerade.

Im Jahr 1993, als die "Black Pirates" im Grunde nur noch aus wenigen Personen bestanden, lernte eines der Mitglieder drei weitere Bünder kennen, die mit einem kleinen Banner mit der Aufschrift "Bünder DSC Fans" umherreisten.

Gemeinsam verbrachte man das letzte Oberliga-Jahr (93/94) und startete ebenso in die neu geschaffene Regionalliga mit all ihren (für uns) neuen Gegnern, den ungewohnt langen Auswärtsfahrten und einer sportlich starken Arminia mit Namen wie Thomas von Heesen und Fritz Walter.

Entscheidend für die spätere Gründung der "BOYS" war der in eben dieser Saison entstandene, und heute noch bestehende Kontakt zu den Jungs aus Leverkusen, die sich damals noch "Soccer Boyz" und "Madness" nannten und nicht nur beim zweiten Heimspiel gegen den Bonner SC mit ihrem Banner auftauchten, sondern auch bei zahlreichen Auswärtsspielen, wie zum Beispiel in Wattenscheid, Aachen oder Preußen Köln (was immer wieder zu Diskussionen mit unseren "Alten" führte, die keine fremden Banner oder Personen in unserem Block wünschten).

Genau dieser Kontakt war es dann, der uns im April 1995 dazu ermutigte, über eine andere Art des Fandaseins nachzudenken, hatte doch der "Kopf" der mittlerweile gegründeten "Mad Boyz" schon seit Jahren Kontakt zu Ultras aus ganz Europa; Fanformen, die bis dato in Deutschland so gut wie unbekannt waren. Nach den wildesten Ideen bezüglich eines Namens kam uns plötzlich die erstaunlich simple Variante "BOYS Bielefeld" in den Kopf.

Unser Fanclub war geboren und anfangs konnte man bis auf drei feste Personen keine Mitgliederstruktur ausmachen, im weiteren Umfeld tummelten sich noch etwa fünf Personen.

Beim Spiel gegen den Wuppertaler SV am 22.04.1995 hing dann erstmals unser neues Banner, das durch seine Gestaltung nicht nur für Aufsehen sorgte, sondern auch den Beginn eines neuen Fandaseins in Bielefeld einläutete. Der Begriff "Ultras" fand jedoch auch in den folgenden Jahren (noch) keine Verwendung. Erst im September 1995 schafften wir es, einen festen Stamm zu formen, was u.a.

mit dem Länderspiel der Deutschen Nationalmannschaft in Brüssel zu tun hatte, wo man eine weitere Person in den Kreis der “BOYS“ aufnehmen konnte. Mit insgesamt vier (festen) Mitgliedern ging es nun in die nächste Spielzeit in Liga Eins (96/97), was auch durch den internen Beschluss, lieber auf Qualität als auf Quantität zu setzen, getragen wurde.

In dieser Spielzeit änderte sich zwar wenig an der Struktur, allerdings wandelte sich die Bielefelder Fanszene massiv: Bedingt durch polizeiliches Eingreifen verschwanden die Hools zumindest von der aktiv gewaltsuchenden Bühne, die traditionellen Kutten wurden durch den sportlichen Aufstieg von den vielen Erfolgsfans unterwandert, und gleichzeitig bildete sich ein Fanclub-Dachverband, der nicht nur viele organisatorische Aufgaben übernahm, sondern durch seine bloße Existenz einen neuen Stamm von Auswärts- bzw.

Allesfahrern hervorbrachte bzw. vernetzte.

Der seit 1995 traditionell gute Kontakt zu dem Fanclub "Fantastic Blue" wurde ausgebaut, und auch wenn von Beginn an klar war, dass man wohl nicht auf einen gemeinsamen Nenner kommen würde (Versuche wurden zwar gestartet), arbeitete man zusammen, um in Bielefeld neue Formen der Unterstützung zu etablieren.

Bald folgten die ersten Choreographien und Aktionen, alte Arminia-Lieder wurden wieder eingeführt und spätestens im Jahr ´97 öffneten sich die Tore zu einer "BB"-Mitgliedschaft für weitere Personen (auch wenn gleichzeitig ein Gründungsmitglied austrat und die Szene verließ). Die wohl entscheidende Spielzeit war das Jahr 98/99 in Liga zwei, in der wir erstmals einen festen Stamm bildeten, der Unterstützung durch die jüngeren "Blue Yankees" fand, welche ebenfalls Interesse an einer ultraorientierten Bewegung hatten.

Allerdings einigten sich beide Gruppen darauf, den Wahlspruch "Qualität vor Quantität" beizubehalten und nicht dem Beispiel anderer Gruppen zu folgen, bei denen man einfach durch Ausfüllen eines Mitgliedsantrags beitreten konnte.

Das Jahr 1999 brachte zwei weitere Neuerungen mit sich: Einerseits wurde durch ein damals sehr aktives Mitglied der Begriff "Ultras" eingeführt, gegen den sich alle sehr lange gewehrt hatten, der uns aber die Möglichkeit eröffnete, uns als eigenständige Strömung innerhalb der Fanszene zu positionieren (leider übernahmen nur die "Blue Yankees" diese Bezeichnung, während sich der aktive Teil von "Fantastic Blue" querstellte und sich weiter "Supporters" nannte, obwohl dieser (Bei-)Name die Ideologie dieses Fanclubs aufgrund seiner Vielschichtigkeit auch nicht charakterisierte).

Andererseits entwickelten sich Kontakte zu den Hannoveraner Ultras ("Komplott Hannovera" und "Verrückte Meute"), hauptsächlich bedingt durch ein Freundschaftsspiel beider Amateurmannschaften auf neutralem Platz. Zahlreiche gegenseitige Spielbesuche, Feiern und eine blockübergreifende Spruchbandaktion beim Pokalspiel ´99 festigten den Kontakt im folgenden Jahr.

Über diese Verbindung knüpften wir schließlich auch vereinzelte freundschaftliche Kontakte nach Hamburg ("Chosen Few"), Nürnberg ("Psychopathen") und Berlin ("Harlekins"). Zu erwähnen ist noch, dass "Fantastic Blue" bereits vorher gute Beziehungen zu Fans des HSV pflegte.

Im Jahr 2000 entschlossen wir uns zur Gründung der "GIRLS", einer Frauensektion; auch sie fing mit zwei Mitgliedern recht klein an.

Leider kehrte eines der beiden Mädels im Jahr 2002 der Szene den Rücken und so war die Weiterentwicklung auf Eis gelegt. Im selben Jahr (2000) festigte sich auch der Kontakt nach Ungarn zu den "Szivtiprók Ultras Debrecen". Besuche in Ostungarn wurden zu einer schönen Regelmäßigkeit im Fanclub-Leben und auch die "Lokisták" beehrten uns mehrfach in Ostwestfalen.

Beim Spiel des DVSC bei Ferencváros Budapest im Jahr 2001 hing dann erstmals unser Zaunbanner im Gästeblock, womit die Freundschaft auch der Öffentlichkeit präsentiert wurde. Es folgten u.a. Besuche bei DVSC-Spielen in Brügge, Florenz, Kalmar, Liverpool und Eindhoven. Trotz der 1500 Kilometer, die beide Orte trennt, besteht der Kontakt noch heute, wenngleich mit zunehmendem Alter und damit einhergehender Verpflichtungen gegenseitige Besuche sehr selten geworden sind.

Die Vorfälle beim "2.

Ultra Fest" in Bremen (2001) zwangen uns im Nachgang zu einem schweren Schritt: Das Verhältnis nach Hamburg und Hannover (bezüglich der jüngeren Vertreter) musste aufgekündigt werden. Unsere gewaltablehnende Grundeinstellung führte dazu, dass sich BOYS-Mitglieder im Zuge der abzusehenden und leider auch beabsichtigten Eskalation zwischen die verfeindeten Szenen stellten.

Eine solche Positionierung, die aber notwendig war, musste einen Bruch zur Folge haben. Unsere Szenen hatten unterschiedlich Wege für die weitere Ausrichtung gewählt, weshalb es mehrere Jahre dauern sollte, bis, bedingt durch die natürliche Fluktuation, Jüngere einen Neuaufbau der Freundschaft begannen (konkret: durch die "Lokal Crew" ab dem Jahre 2009).

Dennoch bestanden auch in der Zwischenzeit natürlich noch immer vereinzelte freundschaftliche Beziehungen besonders nach Hannover.

Durch den Aufbau der "Ultras Bielefeld" (als eine Art Dachverband aller an Stimmung und Choreographien interessierten Arminiafans) geriet unser Fanclub ab dem Jahr 2001 etwas in den Hintergrund, da die führenden Köpfe der "BOYS" einen Großteil ihrer Zeit eben darauf verwendeten.

Allerdings bemerkten dieselben Leute durch das Wachsen der "UB", wie wichtig der eigene Fanclub als Grundlage innerhalb der Szene ist. Deswegen wurde im Sommer 2002 auch eine Art Neubeginn gestartet, um die "BOYS" wieder als einen festen Kreis von Freunden zu etablieren. Nicht nur unter den Mitgliedern wurde für Ordnung gesorgt, auch wurde beschlossen, wieder mehr zusammen zu unternehmen, und neben der Teilnahme an Fanclubturnieren gab es dann auch erstmals wieder regelmäßige Treffen.

Zur selben Zeit entstand, bedingt durch ein Freundschaftsspiel in Trier, Kontakt zu uns gleichgesinnten Anhängern aus Kaiserslautern ("Generation Luzifer", "Teufelsanbeter Trier"), mit welchen in der Folgezeit diverse Aktivitäten, auch außerhalb des Fußballsports, unternommen wurden und sich gegenseitige Spielbesuche ergaben.

Dieser nur von uns "BOYS" getragene Kontakt schlief nach kurzer Zeit leider wieder ein, was hauptsächlich an personellen Wechseln in der Lautrer Fanszene begründet war. Dennoch bleibt das Verhältnis in die Pfalz ein spezielles, alleine schon deshalb, weil die älteren Semester (Ü50) aus Bielefeld und Kaiserslautern seit Ende der Siebziger in gutem Kontakt stehen.

Zu nennen wären hier die „Blauen von der Alm“ und die „Blue Army“ auf Bielefelder Seite, sowie „Rote Teufel“, „Hells Devils“ und „Rotfront“ auf Lautrer Seite.

Im Februar 2004 wurden die „Ultras Bielefeld“ dann nach Abstimmung unter den Mitgliedern aufgelöst. Ein schmerzhafter Schritt, der aber nach nüchterner Betrachtung der sowohl in Bielefeld als auch besonders bundesweit stattgefundenen Entwicklung hin zu immer mehr Radikalität in all ihren Ausprägungen, selbst rückblickend konsequent und vor allem richtig war.

Leider verabschiedeten sich mit Auflösung der „Ultras“ auch einige vormals aktive Personen aus anderen Fanclubs. Nach einer Zeit der Leere und Neuorientierung fanden alle zum harten Kern zählenden Fanclubs („BOYS“, „Fantastic Blue“, „Blue Yankees“ und „Freshmaker“) aber ihre persönliche Nische innerhalb der Fanszene und man agierte im Folgenden sowohl für sich fanclubintern, als auch gemeinsam für die Bielefelder Szene.

Das Jubiläumsjahr 2005, in dem der DSC seinen einhundertsten Geburtstag feierte, war auch das Jahr des Zulaufs in allen Bereichen: Die Zahl der Vereinsmitglieder verdoppelte sich, mit dem "ASC" wurde eine eigene "Fan- und Förderabteilung" im e.V.

gegründet, und letztlich stieg, auch bedingt durch den sportlichen Erfolg, die Zahl der offiziellen Fanclubs auf 80. Zum Vergleich: In den Vorjahren waren es meist nicht mehr als 30 gewesen. Die Vermarktung und die neue Wahrnehmung des Fußballsports, zeigte auch in Bielefeld Wirkung und wir sahen uns einer quantitativen Übermacht von auf Vereins-Linie gebrachten Anhängern gegenüber, die unsere Subkultur vorver- und aburteilen.

Die Meinungsäußerung im Internet überstieg die Wirkung des persönlichen Gesprächs, und alle waren glücklich. Nur wir nicht. Allerdings muß man auch eingestehen, daß die auf der anderen (Szene-) Seite als Gegenbewegung einsetzende Radikalisierung, in keiner Weise positiver zu beurteilen ist. Realistisch betrachtet, findet sich das Eventpublikum auf beiden Seiten: Die einen kommen wegen der Geschäftskontakte, des "get together" oder des Familienerlebnisses ins Stadion, die anderen wegen des vermeintlich Revolutionären und dem "Erlebnisfaktor Ultra".

2006 - heute:
Im darauffolgenden Jahr kam Bewegung in die Fanszene.

Einerseits wechselte der aktive Teil des Fanblocks im Sommer auf den neu geschaffenen Block 1 im Oberrang. Nach dem Wechsel von der Gegengerade auf den traditionellen Platz hinter dem Tor zur Jahrtausendwende, als Ergebnis zahlreicher Aktionen von "BOYS", "Fantastic Blue" und "Blue Yankees", nun also der letzte, endgültige Schritt hin zu einer echten Südtribüne.

Andererseits mussten sich die etablierten Fanclubs rückblickend eingestehen, dass sie das Loch, welches durch die "UB"-Auflösung entstanden war, nicht hatten füllen können. Nachrückenden, jungen Personen fehlte der Anlaufpunkt. Die seit 1994 im Aufbau befindliche, klassische Szenestruktur, stand im Jahr 2006 also vor ihrem ersten großen Umbruch.

Und erstmalig sollten wir daran nicht beteiligt sein, bewusst nicht. Die meisten der alteingesessenen Fanclubs waren immer weniger existent, zwei Personen aus Reihen der "Blue Yankees" schlossen sich uns an, bevor die "BY" als Fanclub in der Folgezeit immer mehr an Bedeutung verloren.

Und der Rest? Einige Einzelpersonen engagierten sich, zusammen mit jüngeren Personen, in der im Sommer 2006 gegründeten "Lokal Crew". Erst als loser Zusammenschluss aller aktiven Arminen geplant, entstand daraus schnell eine geschlossene Gruppe von 50 Mitgliedern mit eindeutiger Ultra-Ausrichtung. Da dort Personen an vorderster Front agierten, die uns zuvor aufgrund unterschiedlicher Wertevorstellungen verlassen hatten, und weil uns "BOYS" von Anfang an der Eindruck vermittelt wurde, wir seien nicht wirklich erwünscht, sollten die nächsten zwei Jahre von großen Spannungen und Streitigkeiten gekennzeichnet sein.

Erst mit der Zeit erkannte die "LC", dass es manchmal hilfreich ist, gemeinsame Interessen auch gemeinsam zu verfolgen.

    arminia ultras

Und, dass die Erfahrungen, die wir schon vor Jahren gemacht hatten, helfen können, in der Zukunft manches besser zu machen. Wir hingegen mussten erst lernen, damit umzugehen, dass die Fortführung dessen, was wir gepflanzt hatten, nun besser in anderen Händen liegen sollte.

Auch mit der Konsequenz, dass manche Ausprägung nicht mehr unsere (uneingeschränkte) Zustimmung finden würde. Trotz zum Teil unterschiedlicher Ansichten, gibt es inhaltliche Schnittmengen und dementsprechend ist eine Zusammenarbeit jederzeit möglich. Vor allem auf der persönlichen Ebene hat sich - geprägt durch gemeinsame (positive als auch negative) Erlebnisse der letzten Jahre - ein gutes und vertrauensvolles Verhältnis zwischen „BOYS“ und „Lokal Crew“ entwickelt.

Unter dem Strich hat die "LC" (mit den angeschlossenen Gruppen "Sparrenkollektiv", "Companions" und "Sektion Wittekind") ihre Stellung als führende Gruppe in Bielefeld gefestigt, musste dabei aber auch die Konsequenzen akzeptieren, die mit einer radikaleren als der unsrigen Ausrichtung einhergehen.

Wir "BOYS" haben unseren Platz gefunden: In der Fanszene, aber eben auch NEBEN einer neuen Generation von Fans, die wir manchmal vielleicht genauso kritisch beäugen, wie wir Mitte der 90er von den Alten beäugt wurden. Niemals zuvor war der Zulauf an ultraorientierten Personen so groß wie heute – für die Südtribüne eine Chance, davon nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ zu profitieren.

Immer Gefahr laufend, als Szene zum Mainstream zu verkommen. Das große Umfeld rund um die „LC“ ist kaum noch zu überschauen und für viele Mitläufer stehen weniger Sport, Verein und konstruktiver Einsatz für die Fanszene im Vordergrund, sondern Suff, Poserei und Aggressionsabbau.

Eine Entwicklung, die der Sache auf längere Sicht enorm schaden wird. Auch aus diesem Grund betrachten wir vieles mittlerweile aus der Distanz.

Was bleibt also nach knapp 25 Jahren im aktiven, gestaltenden Teil der Bielefelder Fanszene? Nun, wir sind erwachsen geworden. Unser Stamm - 16 Mitglieder, davon 2/3 aktiv - hat sich, nach vielen Aus- und Eintritten, seit 2006 kaum noch verändert und wird sich perspektivisch auch nicht mehr verändern.

Zu groß ist der Abstand zu nachrückenden Leuten – nicht nur altersmäßig. Einhergehend mit der Entwicklung hin zu einem geschlossenen Fanclub haben sich die bestehenden Werte manifestiert und werden von allen getragen. Allem voran, dass wir Anhänger anderer Vereine zunächst als eben solche und nicht als vermeintliche Feinde zu sehen.

Unsere über die Jahre aufgebauten, freundschaftlichen Kontakte zu Einzelpersonen aus dem gesamten Bundesgebiet sind uns wichtig und wir werden alles daran setzen, diese weiter zu pflegen. Besonders der Kontakt nach Leverkusen, allen Veränderungen und mittlerweile doch recht großen Unterschieden zum Trotz, wird immer ein fester Bestandteil unseres Fanclubs bleiben.

Zugegebenermaßen fällt es uns schwer, manche Entwicklungen in der deutschen (Ultra-) Szene akzeptieren zu müssen.

Schon im Jahr 2004 haben wir vor Extremen gewarnt, die jetzt Alltag geworden sind. Dennoch, wir bleiben dabei: Von einer Subkultur, die gegen "Repression" und für Freiheit kämpft, können wir erwarten, dass auch wir so akzeptiert werden, wie wir sind.